20/II/2022 Supermärkte vergesellschaften!

Status:
abgelehnt

Die Versorgung mit Lebensmittel ist existentiell. Um uns mit Lebensmittel zu versorgen ist der Besuch des Supermarktes unverzichtbar. Die Durchsicht der Werbeprospekte nach günstigen Angeboten sind Beleg dafür, dass Supermärkte nicht nur auf die Preise, sondern auch auf die Art unserer Ernährung großen Einfluss haben. Diese wichtige Aufgabe darf nicht dem Profitinteresse privater Supermarktkonzerne unterworfen sein. Deshalb fordern wir die konsequente Vergesellschaftung und Demokratisierung der Supermarktkonzerne, damit wir gemeinsam darüber entscheiden können, was und zu welchen Preisen Nahrungsmittel verkauft werden und wie sie produziert werden sollen.

Private Gewinne an Lebensgrundlage verbieten

Zu den Konsumgüter des täglichen Bedarfs zählen neben Lebensmitteln auch alkoholfreie und alkoholische Getränke, Tabakwaren, Körperpflegemittel und Kosmetik, Wasch-, Putz- und Reinigungsmittel, Papierhygiene und Heimtierbedarf. All das kaufen wir vorrangig bei REWE, Penny, Kaufland, LIDL, ALDI, EDEKA, Netto und Co ein. Die fünf größten Lebensmittelkonzerne, die jeweils unterschiedliche Discounter und Lebensmittelvollsortimenter unter ihrem Dach vereinen, haben so in Deutschland einen Marktanteil von 75% , ihre Nettogewinne stiegen insbesondere während der Pandemie gewaltig und die Besitzer*innen gehören zu den Top Milliardär*innen in Deutschland.

Gleichzeitig muss davon ausgegangen werden, dass 12,5 Millionen Menschen in diesem Land, die unter der Armutsgefährungsquote leben, zumindest zeitweise von Ernährungsarmut betroffen sind.

Ernährung ist eine Klassenfrage!

Es ist nicht akzeptabel, dass das Kapital einiger weniger auf Kosten der vielen weiter wächst. Die Versorgung der Bevölkerung mit existentiellen Konsumgütern darf nicht der Kapitalvermehrung dienen. Der Zweck muss der bezahlbare Zugang zu gesunden und ausgewogenen Lebensmittel für alle Menschen sein.

Gesunde und bezahlbare Lebensmittel für alle

1,65 Millionen Menschen waren in Deutschland im Jahr 2021 regelmäßig auf Lebensmittel von Tafeln angewiesen. Gemeinnützige Träger kompensieren so ein Problem, dass durch niedrige Renten, unzureichende Grundsicherung und Erwerbsarmut verursacht werden. Unser Ziel ist es, durch die Bekämpfung von Armut Tafeln überflüssig zu machen und dafür zu sorgen, dass durch Demokratisierung und Vergesellschaftung von Supermärkten gesunde Lebensmittel selbstbestimmt erworben werden können. Der kapitalistische Markt ist dieser Herausforderung nicht gewachsen. Das Profitinteresse der Supermarktkonzerne führt dazu, dass insbesondere nährstoffarme und verarbeitete Lebensmittel mit hohen Gewinnspannen günstig verkauft werden. Das führt mitunter dazu, dass von Armut betroffene Menschen am Ende des Monats häufig auf Obst und Gemüse verzichten und dafür schnell sättigende Lebensmittel kaufen.

Um den Widerspruch zwischen bezahlbarer und gesunder Ernährung einerseits und zwischen nachhaltigen Produktionsbedingungen und gerechter Bezahlung vonErzeuger*innen andererseits auflösen zu können, bedarf es eines staatlichen Eingriffs und ein grundlegende Umstrukturierung von Subventionen. So muss die massive Ungleichheit, beispielsweise die steuerliche Bevorzugung klimaschädlicher  Fleischprodukte, zugunsten einer nachhaltigen, klimafreundlichen und Ernährungssicherheit schaffenden Lebensmittelproduktion angepasst werden.

Lebensmittellieferketten, die Ausbeutung überwinden und auf Nachhaltigkeit setzen

Die kapitalistische Bewirtschaftung der Agrarflächen beutet unsere Lebensgrundlage genauso wie die Produzent*innen aus. Die auf Ertragssteigerung ausgelegte Bewirtschaftung hat fatale Folgen für die Arten- und Biotopvielfalt. Die Supermarktkonzerne haben daran einen erheblichen Anteil indem sie Kostendruck auf Erzeuger*innen ausüben. Nur langsam ist in Bezug auf nachhaltige Produktion und Tierwohl ein Umdenken zu erkennen. Die Bemühungen sind aber längst nicht ausreichend und lassen insbesondere die Arbeitsbedingungen der Arbeiter*innen außer acht. Mit der Vergesellschaftung von Supermärkten können wir diese unternehmerischen Entscheidungen – die entscheidend für die Bekämpfung des Klimawandels sind – demokratisieren und dafür sorgen, dass existenzsichernde Löhne und Teilhabe an der Wertschöpfung für alle Menschen, die an der Produktion von Lebensmitteln beteiligt sind, gewährleistet werden.

Lebensmittelverschwendung entgegenwirken

In Deutschland werden jedes Jahr 12 Mio Tonnen Lebensmittelabfälle vernichtet. Davon rund 34% bei der Primärproduktion, Verarbeitung und im Handel. Supermarktkonzerne planen sorgfältig die Produktion von Lebensmitteln und haben somit großen Einfluss auf Lebensmittelverschwendung. Supermärkte sind hochgradig geplante ökonomische 81  Systeme für deren Funktionieren es notwendig ist, weit im voraus zu planen um saisonale Nachfrage und zuverlässige Lieferketten zu gewährleisten. Für diese Planung werden komplexe Datensätze und Algorithmen angewandt, die viele schwankende Variablen berücksichtigen. Daraus können wir ableiten, dass dezentrale Planwirtschaft nicht zwangsläufig zu Mangel führt, sondern im Gegenteil enorme Kapitalanhäufung ermöglichen kann. Wir wollen diese Mechanismen nutzen, um das Gemeinwohl zu steigern, Lebensmittelverschwendung zu bekämpfen und den Zugang zu Lebensmitteln als Daseinsvorsorge begreifen.

Gute Arbeit im Supermarkt

Die Arbeit der Beschäftigten im Supermarkt ist systemrelevant und elementar für die Versorgung mit Lebensmitteln und anderen Konsumgütern. Mit dem Outsourcing der Beschäftigten in der Reinigung und derjenigen, die vor Ladenöffnung die Regale auffüllen, mit geringfügiger Beschäftigung und geringen Löhnen ist eine Bezahlung, die die Relevanz der Arbeit abbildet, nicht gegeben. Mit der Vergesellschaftung von Supermärkten können Löhne adäquat zum öffentlichen Dienst und gute Arbeitsbedingungen umgesetzt werden.

Änderungsanträge
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angenommen 20/II/2022 / Z 1 / ÄA 1 1 Jusos München Ergänze nach Zeile 1 “existentiell" Deshalb muss die Lebensmittelversorgung Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge werden und als solche unabhängig von privaten Profitinteressen und Marktlogiken organisiert sein.
angenommen 20/II/2022 / Z 71 / ÄA 2 71 Jusos München Ergänze nach Zeile 71 Da enormer Preisdruck zwischen verschiedenen Supermärkten existiert versuchen die Konzerne ihre Macht gegenüber den Produzent*innen und Lebensmittelherstellern knallhart auszunutzen, um die Preise zu drücken und die Gewinnmargen zu erhöhen. Dies führt zu enorm belastenden Situation für die Erzeuger*innen und zu Qualitätseinschränkungen in der Herstellung.
angenommen 20/II/2022 / Z 97 / ÄA 3 97 Jusos München Ergänze nach Zeile 97 Vergesellschaftung und Demokratisierung, was heißt das? Für die konkrete Organisationsform einer vergesellschafteten und demokratisierten Lebensmittelbranche gibt es unterschiedliche Ansätze. Schon jetzt gibt es in anderen Ländern große genossenschaftlich organisierte Supermarktketten. Auch in Deutschland ist zB EDEKA teilweise als Genossenschaft organisiert, jedoch nicht mit den Konsument*innen als Genossen sondern mit den Supermarktbetreibern. Gleichzeitig entstehen zB mit dem Kartoffelkombinat in München konkrete genossenschaftlich organisierte Projekte, die ökologische und unter gerechten Bedingungen hergestellte Lebensmittelversorgung anbieten. In derartigen Projekten lässt sich schnell feststellen, dass der Preis für Lebensmittel die regional, ökologisch und mit guten Arbeitsbedingungen produziert und verkauft werden eigentlich höher liegen müsste, als er bei preisgedumpten Discounterkonzernen ist. Höhere Kosten für Lebensmittel, die Ausbeutung entlang der Wertschöpfungskette verhindern, begründen die Notwendigkeit höherer Löhne und einer entsprechenden Anpassung der Höhe von Sozialleistungen. Neben Genossenschaften sind aber auch kommunale Betriebe denkbar, die einer demokratischen Kontrolle unterstehen. Bestimmte Dienstleistungen für diese kommunalen Betriebe sind wiederum durch eine staatliche Organisation möglich, die zB durch ein Bundesministerium gesteuert wird.