2/II/2022 Schritte für eine soziale Wohnungspolitik, die den Namen auch verdient.

    1. Rechtsverordnung zum Umwandlungsverbot schnellstmöglich erlassen

    Um in München die Spekulation mit Wohnraum wirksam bekämpfen zu können, braucht die Stadt die rechtliche Möglichkeit, die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen zu verhindern. Hier ist der Freistaat schon lange aufgefordert, die ermächtigende Rechtsverordnung zu erlassen. Bisher hat er sich der beständigen Aufforderung auch des Münchner Stadtrats widersetzt.

     

    1. Die Zweckentfremdungsverordnung muss so verbessert werden, dass die Behörde die Räumung der betroffenen Wohnungen vornehmen kann und im Wege der Ersatzvornahme auch die Neuvermietung.

     

    1. Endlich ein soziales Bodenrecht einführen!

    Wir fordern eine Reform der Bodenbesteuerung, die eine gemeinwohlorientierte Wohnraumpolitik im Blick hat und zwischen unterschiedlichen regionalen Gegebenheiten differenziert.  Diese muss bewirken, dass leistungslose Steigerungen des Bodenwertes abgeschöpft und für Aufgaben der kommunalen und regionalen Daseinsfürsorge genutzt werden können. Ziel muss es sein, Wohnraum im unteren Preissegment zu schaffen, damit Menschen ohne Spitzeneinkommen wie Pfleger*innen und Erzieher*innen auch in Zukunft in München leben können.

  1. Grundsteuer C (zoniertes Satzungsrecht) einführen!

Um baureife, gehortete Grundstücke im Siedlungsbereich für die Bebauung zu aktivieren, ist den Städten und Gemeinden das Recht einzuräumen, im Wege einer Satzung für Teile des Gemeindegebietes die Grundsteuer für entsprechende Baulücken durch erhöhte Hebesätze zu erhöhen (zoniertes Satzungsrecht).

  1. Gemeindliches Vorkaufsrecht im Siedlungsbereich stärken – Gemeinwohlgrund ‚Innenentwicklung und Brachflächenschluss‘ schaffen!

5.1 § 24 Abs. 3 BauGB (3) wird wie folgt neu gefasst:

Das Vorkaufsrecht darf nur ausgeübt werden, wenn das Wohl der Allgemeinheit dies rechtfertigt. Das städtebauliche Ziel des Schließens von Baulücken und die damit verbundene Brachflächenaktivierung stellt einen Gemeinwohlbelang im Sinne des Satzes 1 dar. Bei der Ausübung des Vorkaufsrechts hat die Gemeinde den Verwendungszweck des Grundstücks anzugeben.

 

5.2 § 25 Abs. 1 Nr. 2 BauGB (1) wird wie folgt neu gefasst:

Die Gemeinde kann 1. im Geltungsbereich eines Bebauungsplans durch Satzung ihr Vorkaufsrecht an unbebauten Grundstücken begründen,

  1. in Gebieten, in denen sie städtebauliche Maßnahmen in Betracht zieht, zur Sicherung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung durch Satzung Flächen bezeichnen, an denen ihr ein Vorkaufsrecht an den Grundstücken zusteht. Städtebauliche Maßnahmen können auch das Schließen von Baulücken und die damit verbundene Brachflächenaktivierung sein.
  1. Das Baugebot des städtebaulichen Vertrages im Baugesetzbuch verankern!
  • 11 BauGB (1) wird wie folgt ergänzt:

Die Gemeinde kann städtebauliche Verträge schließen. Gegenstände eines städtebaulichen Vertrags können insbesondere sein: …

  1. die Förderung und Sicherung der mit der Bauleitplanung verfolgten Ziele, insbesondere die Grundstücksnutzung, auch hinsichtlich einer Befristung oder einer Bedingung sowie der Vereinbarung einer Baupflicht, die Durchführung des Ausgleichs im Sinne des […]
  1. Her mit der neuen Wohngemeinnützigkeit!

Der (Wieder)Einstieg in eine neue Wohngemeinnützigkeit kann die Schaffung von günstigem Wohnraum überhaupt erst wieder ökonomisch sinn- und reizvoll machen und ein seit 1990 fehlendes Wirtschaftssegment wiederbeleben. Hier ist bei einem dringend zu operationalisierenden europarechtskonformen Ansatz grundsätzlich davon auszugehen, dass dem Einsatz öffentlicher Fördermittel- egal ob durch Steuerverzichte, Steuergutschriften oder Zuschüsse und Förderdarlehen- auch ein dementsprechender dauerhafter und nicht nur zeitlich eng begrenzter öffentlicher Förderzweck gegenüberstehen wird.

 

  1. Mietpreistreibende Geldwäsche endlich hart bekämpfen!

Eigentumsverhältnisse an Grundstücken müssen den Behörden zugänglich und transparent gemacht werden. Bargeldmengen müssen in ihrer Herkunft lückenlos nachgewiesen werden.

Begründung:

Zu 1 bis 3:

Für die Problemlösung zur Schaffung von leistbarem Wohnraum ist der Preis für einen qm baureifen Boden als Faktor für den späteren Mietzins ausschlaggebend.  1961 entfielen 8% der Baukosten auf die Grundstückskosten. 1970 – Olympia kündigte sich an- waren es bereits 16%. Mittlerweile sind wir bei 80% angekommen, die bei einem Bau ausschließlich für den Kauf eines Grundstücks veranschlagt werden müssen.

2014 kostete ein qm München- Schwabing 8.300€, 2018 waren es schon 15.500€.

Seit 1960 entspricht die insgesamte Entwicklung in München einer Steigerung des Bodenwertes um märchenhafte 35.000 Prozent.

Eine Handelsware, deren Stückzahl nicht beliebig zu vermehren ist, tendiert in unserer Wirtschaftsordnung nicht zum Gleichgewichts-, sondern zum Maximalpreis. Insbesondere, wenn die Nachfrage entsprechend ist. Die Landeshauptstadt München wird nach aktuellen Prognosen 2040 knapp 1,9 Mio Einwohner:innen haben, darunter aber nicht nur Ingeneur:innen oder IT- Spezialist:innen, sondern auch knapp verdienende Menschen wie Pflegepersonal oder Erzieher:innen, für eine funktionierende Infrastruktur wie Bildung oder Gesundheitsversorgung unverzichtbar.

Diese Entwicklungen machen deutlich, dass es schnellstmöglich gezielt um die Schaffung von Wohnraum im unteren Mietpreissegment gehen muss, auch weil ein tumb gefordertes ‚Hauptsache Bauen- Bauen- Bauen‘ mit seinem automatisch von Bodenpreis sowie Angebot und Nachfrage gelenkten Schwerpunkt im Hochpreissegment eher dazu führt, dass sich die Mietzinsspirale immer schneller nach oben dreht.

Nun steht im Grundgesetz der Bundrepublik Deutschland nicht nur, dass Eigentum verpflichtet, in der Bayerischen Verfassung steht sogar in Artikel 161, das Steigerungen des Bodenwertes, die ohne besonderen Arbeits- oder Kapitalaufwand des Eigentümers entstehen, für die Allgemeinheit nutzbar zu machen sind. Die Erträge aus Bodenwertsteigerungen werden gegenwärtig überhaupt nicht oder wenn dann nur in geringem Umfang besteuert, sind aber überwiegend nicht auf Leistungen des Grundeigentümers zurückzuführen, sondern vielmehr auf Leistungen des Gemeinwesens durch die das Umfeld aufgewertet wird, z.B. durch die Schaffung von Baurecht und Infrastruktur.

So könnte im Schaffen von steuerrechtlichen Instrumenten vernünftig gegen ein den Grund und Boden verteuerndes Spekulationsgeschehen vorgegangen werden- die Wahl der Mittel müssen die Kommunen angesichts der konkreten Herausforderungen vor Ort haben, geschaffen werden müssen sie entweder vom Bundes- oder Landesgesetzgeber. Es geht hier nicht- und das ist für den gesellschaftspolitischen Diskurs enorm wichtig, da diese Komplexität in aktuellen Debatten stets unzulässig reduziert wird- um das zum Wohnen oder Erwerb dienende Boden- und Immobilieneigentum breiter Schichten der Bevölkerung, sondern ausschließlich und gezielt um jene Immobilienvermögen, die in Metropolregionen mit einem den Geldbeutel der Mitte der Gesellschaft überstrapazierenden Mietzinsniveau gewerbsmäßig betrieben und gehandelt werden und vor allem auf die Erzielung von Maximalrenditen aus Bodenwert-steigerungen angelegt sind. Trivial ist dies allerdings nicht: Das Finanzsystem in unserem Land baut auf Boden und Immobilien auf- über 50% der Kredite an Unternehmen und Haushalte sind durch Boden besichert, 80% des Vermögens von Haushalten ist Immobilienbesitz.

Zu 4.:

Diese Forderung wiederholen nicht nur die kommunalen Spitzenverbände seit Jahrzehnten- auch Expertengremien, die von der Bundesregierung eingesetzt wurden, erstatteten entsprechend Bericht. So kommt die Arbeitsgruppe aktive Liegenschaftspolitik des Bündnisses für bezahlbares Wohnen, eingesetzt von BMUB und Bundesregierung, in ihrem Abschlussbericht zu dem Ergebnis: „Eine weitere Möglichkeit, baureife innerstädtische Grundstücke zu aktivieren, und diese rasch zu bebauen oder für die Bebauung zu veräußern, besteht in der Einführung einer steuerlichen Option zur Mobilisierung bebaubarer, unbebauter Grundstücke im Grundsteuergesetz, die von den Kommunen genutzt werden kann (sog. zoniertes Satzungsrecht).“

Zu 5.:

Für die Ausübung der BauGB-Vorkaufsrechte nach § 24 und § 25 des Baugesetzbuchs durch die Gemeinde, zur Erlangung des gemeindlichen Zugriffs auf ein Grundstück im Verkaufsfall, bedarf es der Angabe eines Gemeinwohlgrundes (Beispiel: „Es handelt sich um ein alternativloses Grundstück für unsere geplante Schule) durch die Gemeinde. Ein solcher Gemeinwohlgrund besteht nicht nur dann, wenn die Gemeinde ein konkretes Vorhaben plant, sondern auch, um eine gehortete, aus Spekulationszwecken veräußerte Baulücke schlichtweg der Bebauung zuzuführen. Nach anderen Stimmen ist die Ausübung eines solchen „Baulückenvorkaufsrechts“ zur (schlichten) Baulückenschließung, mit dem Ziel des Flächensparens im Außenbereich, allerdings nur dann durch das Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt, wenn die Bebauung „alsbald“ – z. B. bei dringendem Wohnbedarf – erforderlich ist. Wenn folglich eine Gemeinde/ Stadt einen dringenden Wohnbedarf nachweisen kann, in der Gemeinde/ Stadt eine hohe Baulückenanzahl „gehortet“ wird und die Bebauung der Baulücken „aus städtebaulichen Gründen“ erforderlich ist, kann die Ausübung eines „Baulückenvorkaufsrechts“ im gut begründeten Einzelfall gerechtfertigt sein. Diese Begründungsanforderung ist jedoch von komplexer Natur, so dass sie von den Gemeinden zu Recht gescheut wird.

Durch eine einfache Klarstellung im Gesetz könnte man die Wertentscheidung des § 1a Abs. 2 BauGB für das Vorkaufsrecht fruchtbar machen und den Vorrang der Innenentwicklung und die Brachflächenaktivierung zum Gemeinwohlbelang erklären. Dies würde die Praxis entsprechend agierender Städte und Gemeinden rechtlich absichern und auch andere Gemeinden dazu veranlassen, Vorkaufsrechtssatzungen über baulückenbelastete Gebiete zu legen, bzw. das allgemeine Vorkaufsrecht an Baulücken mit dem Ziel der Baulückenaktivierung auszuüben.

Nicht nur die Ausübung des Vorkaufsrechts für ein dringend benötigtes, alternativloses und gemeinnütziges Bauprojekt (Kindergarten, Schule, sozialer Wohnungsbau) würde sodann die Ausübung des gemeindlichen Vorkaufsrechts rechtfertigen, sondern auch die Tatsache, dass eine gehortete Baulücke an sich einen städtebaulichen Missstand darstellt und schlichtweg bebaut werden soll.

 

Im Ergebnis führt ein solcher Ansatz dazu, dass ein Grundstückskäufer sich zur Abwendung des gemeindlichen Vorkaufsrechts zu einer Bauverpflichtung mit vormerkungsgesichertem Ankaufsrecht der Gemeinde bewegen lassen würde, was die Grundstückshortung unterbricht. Die Eingriffsschwelle in das Eigentum des Privaten würde sich im Ergebnis als sehr gering darstellen, weshalb eine derartige Gesetzesergänzung eine besonders milde Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums darstellt. Die Brachfläche, die Hortungsfläche, das Enkelgrundstück und das Spekulationsgrundstück würden damit durch das Gesetz als „städtebaulicher Missstand“ anerkannt. Das Ziel ihrer Bebauung würde auf Ausübungsebene per se einen „Allgemeinwohlbelang“ darstellen. Mit Blick auf § 1a Abs. 2 BauGB könnte man dies auch lediglich als gesetzliche Klarstellung verstehen. Ein Vorschlag für eine einfache Ergänzung des Gesetzes, die sich an die Bundesgesetzgeber richtet, lautet wie folgt:

 

Ausweitung des Vorkaufsrechts auf Mischgebietsflächen!

Ein weiteres Problem, welches sich den Gemeinden bei der Ausübung des Vorkaufsrechts im Siedlungsbereich häufig stellt, liegt darin, dass das Vorkaufsrecht tatbestandlich auf potentielle Wohnbauflächen beschränkt ist. Eine weitere Idee, die es den Gemeinden erleichtern könnte, Zugriff auf unbebaute Baulücken im Siedlungsbereich zu erlangen, besteht demnach in der tatbestandlichen Ausweitung des Vorkaufsrechts auf Mischgebiete. Notwendig wäre hierfür schlichtweg die Streichung eines Wortes in § 24 Abs. 1 Nr. 6 BauGB:

 

  • 24 Abs. 1 Nr. 6 (1) Der Gemeinde steht ein Vorkaufsrecht zu beim Kauf von Grundstücken 6. in Gebieten, die nach § 30, 33 oder 34 Abs. 2 vorwiegend mit Wohngebäuden bebaut werden können, soweit die Grundstücke unbebaut sind, sowie … c. Verlängerung der Ausübungsfrist auf drei Monate

 

Schließlich empfehlen wir eine Verlängerung der Ausübungsfrist aus § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB von zwei auf drei Monate. So ist es den Beschlussgremien kleinerer und mittlerer Städte und Gemeinden innerhalb von zwei Monaten häufig nicht möglich, die notwendigen Ermittlungen anzustellen, um über den Ankauf einer Baulücke zu entscheiden.

Zu 6.:

Für eine zielführende und flächensparende Bauleitplanung muss die Frage beantwortet werden, wie die Stadt oder die Gemeinden den planbegünstigten Grundstückseigentümer dazu bringen kann, dass Grundstück tatsächlich zu bebauen. Der Festsetzungskatalog des § 9 BauGB kennt eine derartige Festsetzung nicht, und sie widerspräche auch dem Prinzip des Angebotsbebauungsplan. Insoweit (blenden wir den vorhabenbezogenen Bebauungsplan an dieser Stelle aus), verbleibt den planenden Gemeinden regelmäßig nur die grundbuchrechtliche Absicherung einer privatrechtlich geregelten Baupflicht, bei deren Zuwiderhandlung der Gemeinde das Recht eingeräumt wird, dass unbebaute Grundstück zu erwerben. Dies ist kompliziert und unbefriedigend, jedoch nicht zu ändern.

Um den Gemeinden dieses ohnehin komplizierte Vorgehen etwas zu erleichtern und ihnen zumindest eine Rechtsgrundlage für entsprechende Baugebote an die Hand zu geben, wäre eine Verankerung des vormerkungsgesicherten Wieder- bzw. Ankaufsrechts (Baugebot) in § 11 BauGB, der Vorschrift betreffend die städtebaulichen Verträge von Vorteil. Unser Vorschlag besteht in einer entsprechenden klarstellenden Ergänzung der betreffenden Vorschrift, die ohnehin schon jetzt als Rechtsgrundlage der vertraglichen Baugebote dient.

Zu 8.:

Nach vorsichtigen Schätzungen  werden nicht weniger als ca. 30 Milliarden Euro auf dem deutschen Immobilienmarkt von international operierenden kriminellen Organisationen aus illegalen Geschäften wie Drogen-, Waffen- und Frauenhandel in den legalen Wirtschaftsverkehr überführt. Sowohl die gesetzlich normierten Möglichkeiten als auch die personellen Ressourcen der zuständigen Behörden müssen verstärkt werden – Stichwort ‚Share Deals‘ und der Fakt, dass sich bei der für die Geldwäschebekämpfung in der BRD zuständigen Meldestelle für Verdachtsanzeigen, der Financial Intelligence Unit (FIU), Stand Dezember 2019 ca. 50.000 unbearbeitete Verdachtsfälle angehäuft haben.