14/I/2022 Beiträge der LHM zu einer effektiven staatlichen Liegenschaftspolitik in Bayern

Status:
zurückgezogen

Wir fordern:

1. Bezahlbares Wohnen in die Bebauungspläne

  • Bei der Neuaufstellung von Bebauungsplänen ist aktiv zu prüfen, ob eine Erhöhung der Geschossflächenzahl und der Wohnfläche möglich ist. Diese Erhöhung soll mit der  Festsetzung von sozialem Wohnungsbau nach § 9 Abs. 1 Nr. 7 BauGB verbunden werden.

 2. Der Oberbürgermeister wird gebeten, sich für die folgende Forderungen beim Freistaat Bayern einzusetzen:

a) Keine Privatisierung von Immobilien des Freistaats

Immobilien aus dem Bestand des Freistaats Bayern, egal ob bebaut oder unbebaut,  vermietet oder verpachtet, Wohn- oder landwirtschaftliche Grundstücke, werden künftig  nicht mehr verkauft und damit privatisiert.

Grundstücke des Freistaats können an Kommunen weitergegeben werden, wenn  19  sichergestellt ist, dass diese die Immobilie nicht verkaufen und die geplante Nutzung  20  dem Allgemeinwohl dient (z.B. bezahlbares Wohnen, erforderliche Infrastruktur etc.).

Grundstücke werden auch an Wohnungsbaugenossenschaften als private Akteurinnen, die keiner Wohnungsbindung unterliegen, damit nur im Erbbaurecht vergeben. Denn bezahlbarer Wohnraum ist knapp und soll daher vorrangig denen zu Gute kommen, die  finanziell weniger Möglichkeiten haben und daher am dringendsten bezahlbare Mieten brauchen.

Die Durchsetzung dieser Forderung könnte auch über ein Volksbegehren erfolgen.

b) Erfassung vorhandener Flächen und Möglichkeiten

Alle Flächen im Eigentum des Freistaats sollen systematisch in einem Flächenkataster erfasst werden, einschließlich der Immobilien von Beteiligungs- und Tochterunternehmen des Freistaats Bayern wie der IMBY, BayernHeim, StadiBau, Studentenwerk etc.

Dabei ist neben der Lage und der Fläche insbesondere die aktuelle Nutzung anzugeben, sowie eine Perspektive der Eignung für eine soziale Wohnraumversorgung der breiten Schichten der Bevölkerung. Auch Wohnungsbau auf schwierigen Grundstücken wie  bisherigen Parkplätzen oder Möglichkeiten einer gemischten Nutzung von Wohnen und Gewerbe sollen dabei geprüft werden.

Das Flächenkataster soll digital öffentlich verfügbar, durchsuchbar und filterbar  40  sein und es soll zugeordnet sein, welche Stelle auf Landesebene zuständig ist.

c) Leerstand vermeiden!

Unser Ziel ist es, Leerstand zu vermeiden. Immobilien im Eingriffsbereich des Freistaats Bayern dürfen nicht länger als 6 Monate leer stehen. Für alle Immobilien, die voraussichtlich länger als 3 Monate leer stehen, soll eine Zwischennutzung insbesondere für soziale oder kulturelle Nutzungen geprüft werden. Bei Objekten mit Mängeln soll der für eine weitere Nutzung erforderliche bauliche Zustand schnellstmöglich hergestellt werden. Die Leerstandsquote soll nach dem Vorbild der Landeshauptstadt München erfasst und jährlich in einem Leerstandsbericht 50 veröffentlicht werden.

Begründung:

Wohnraum ist in weiten Teilen Bayerns und insbesondere der Landeshauptstadt München ein sehr knappes Gut, vor allem wenn es um bezahlbare Wohnungen geht. Jede geeignete Fläche sollte daher effizient für bezahlbares Wohnen ausgenutzt werden. Insbesondere Flächen, die bereits der Öffentlichkeit schon gehören, dürfen nicht durch eine Privatisierung verloren gehen. Die Liegenschaftspolitik des Freistaats Bayern muss sich vielmehr am Gemeinwohl und der Bayerischen Verfassung orientieren.

Denn die Verfassung des Freistaats Bayern fordert:

Art. 106

  1. Jeder Bewohner Bayerns hat Anspruch auf eine angemessene Wohnung.
  2. Die Förderung des Baues billiger Volkswohnungen ist Aufgabe des Staates und der Gemeinden.

Art. 161

  1. Die Verteilung und Nutzung des Bodens wird von Staats wegen überwacht. Mißbräuche sind abzustellen.
  2. Steigerungen des Bodenwerts, die ohne besonderen Arbeits- oder Kapitalaufwand des Eigentümers entstehen, sind für die Allgemeinheit nutzbar zu machen.

Diesen Aufgaben aus der Bayerischen Verfassung kommt der Freistaat jedoch nicht nach. Wir können angesichts des Mangels an bezahlbarem Wohnraum nicht akzeptieren, dass Flächen, die sogar im Eigentum des Freistaats Bayern stehen, ungenutzt brach liegen oder sogar verkauft werden. Die Auswertung der Stellungnahme auf eine Anfrage an die Bayerische Staatsministerin für Wohnen zeigt für München jedoch das Ausmaß leerstehender Immobilien des Freistaats Bayern verteilt über das ganze Stadtgebiet in München.

Ein Fall wie im Verkauf der GBW-Wohnungen darf sich nicht wiederholen.

Bekanntestes Beispiel des Verkaufs von Immobilien durch den Freistaat Bayern und seine Beteiligungsgesellschaften ist das der Anteile der BayernLB an der GBW.

Der Bayerischen Landesbank (BayernLB) gehörten im Jahr 2012 noch 92% der Aktienanteile an der Gemeinnützigen Bayerischen Wohnungsgesellschaft (GBW). Aufgrund finanzieller Probleme verkaufte die BayernLB im Jahr 2013 ihre Aktien an der GBW an das private

Immobilienunternehmen Patrizia. Der Zuschlag wurde erteilt, obwohl sich mehrere Städte, darunter auch München, in einer Kaufgemeinschaft zusammengetan hatten, um die Anteile der BayernLB an der ehemals gemeinnützigen GBW zu erwerben. Die Kommunen konnten aber nur 643 Millionen Euro für einen Ankauf aufbringen. Zuständig für den Verkauf der BayernLB war der damalige Bayerische Finanzminister, Dr. Markus Söder, heute Bayerischer Ministerpräsident. In den 33.000 Wohnungen der GBW lebten damals mehr als 80.000 Menschen.

Um soziale Probleme abzufedern war mit der Patrizia im Jahr 2013 zwar eine Sozialcharta vereinbart worden, die ein Verbot von Luxussanierungen enthält, einen Kündigungsschutz für über 60jährige Mieter*innen und den Ausschluss von Eigenbedarfskündigunge. Als Laufzeit für die Sozialcharta wurden 10 Jahre vereinbart, sie endet demnach also im Jahr 2023.

Bereits direkt nach dem Verkauf gab es erste Meldungen von massiven Mietsteigerungen, die Mieten wurden teilweise um 20% erhöht. Im Jahr 2014 konnte die Stadt München zumindest über tausend Wohnungen zurückzukaufen, wobei die Stadt dafür mehr zahlen musste, als die BayernLB beim Verkauf dafür erhalten hatte.

Der im Jahr 2018 auf Druck von SPD, Freien Wählern und Grünen im Landtag eingesetzte

Untersuchungsausschuss sollte klären, ob der Verkauf der GBW-Anteile überhaupt notwendig war. Außerdem wäre es vermutlich möglich gewesen, dass der Freistaat selbst die Anteile an der GBW von der ihm gehörenden Landesbank gekauft hätte, um die Mieter*innen durch den Erhalt von bezahlbarem Wohnraum zu schützen.

Seit Dezember 2018 tritt die frühere GBW unter dem neuen Namen “Dawonia” auf. Die Dawonia hat heute ca. 30.000 Wohnungen, die sie vermietet oder verkauft.